Außenseitermethoden und Arzthaftung

Verletzung der Aufklärungspflicht

Bei der Anwendung sogenannter Außenseitermethoden gilt hinsichtlich der Durchführung der Behandlung ein besonderer Maßstab, gleiches gilt für den Umfang der Aufklärungspflicht. Wird dieser verletzt, kann es bei Komplikationen zu einer Haftung des Arztes wegen eines Behandlungsfehlers oder Verletzung der Aufklärungspflicht kommen.

Grundsätzlich obliegt die Wahl der Therapie dem behandelnden Arzt, dem ein weites Ermessen eingeräumt wird, wenn gleichwertige Methoden für die Behandlung des Patienten zur Verfügung stehen. Die Anwendung nicht allgemein anerkannter Heilmethoden ist deshalb grundsätzlich erlaubt und führt bei Komplikationen nicht zwangsläufig zu einer Haftung des Arztes.

Wählt der Arzt eine Therapie, die ein höheres Risiko beinhaltet, muss das Eingehen dieses Risikos durch besondere Sachzwänge im konkreten Fall des Patienten oder durch eine günstigere Heilungsprognose gerechtfertigt sein. Der Arzt muss zum Ausschluss seiner Haftung alle bekannten und medizinisch vertretbaren Sicherungsmaßnahmen anwenden, die eine erfolgreiche und komplikationsfreie Behandlung gewährleisten, und er muss um so vorsichtiger vorgehen, je einschneidender ein Fehler sich für den Patienten auswirken kann.

Im Unterschied zu bereits zum medizinischen Standard gehörenden Therapien, muss der Arzt bei der Anwendung von Außenseitermethoden mit bisher unbekannten Risiken und Nebenwirkungen rechnen. Schon im Vorfeld muss der Arzt deshalb sehr sorgfältig abwägen, ob die erwarteten Vorteile die nicht sicher abzuschätzenden Nachteile überwiegen.

Kontrolluntersuchungen

Diese Abwägung ist kein einmaliger Vorgang vor oder bei Beginn der Behandlung, sondern muss jeweils erneut vorgenommen werden, sobald neue Erkenntnisse über mögliche Risiken und Nebenwirkungen vorliegen, über die sich der behandelnde Arzt ständig, insbesondere auch durch unverzügliche Kontrolluntersuchungen zu informieren hat (BGH, VersR 2006, 1073). Bei Auftreten von Komplikationen im Verlaufe der Behandlung muss der Arzt sich über deren Ursache vergewissern und darf die Behandlung nur fortsetzen, wenn auszuschließen ist, dass die Komplikationen durch die Behandlung verursacht sind. Bei Anwendung einer Außenseitermethode hat der behandelnde Arzt einen besonders erhöhten Sorgfaltsmaßstab anzulegen.

Noch nicht medizinischer Standard

Vor jedem ärztlichen Eingriff ist der Patient zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechts aufzuklären. Bei der Anwendung einer Außenseitermethode ist die Aufklärung über das Für und Wider dieser Methode erforderlich. Einem Patienten müssen nicht nur die Risiken und die Gefahr eines Misserfolges des Eingriffs erläutert werden, sondern er ist auch darüber aufzuklären, dass der geplante Eingriff noch nicht medizinischer Standard ist und seine Wirksamkeit statistisch noch nicht abgesichert ist. Der Patient muss wissen, auf was er sich einlässt, um abwägen zu können, ob er die Risiken einer Behandlung und deren Erfolgsaussichten im Hinblick auf seine Befindlichkeit vor dem Eingriff eingehen will (BGH, Az.: VI ZR 55/05). Selbst wenn der Patient auf das Risiko eines Misserfolgs, mit ggf. weitreichenden Folgen hingewiesen wurde, reicht dies für eine ordnungsgemäße Aufklärung bei Anwendung einer Außenseitermethode nicht aus. Hinzutreten muss der ausdrückliche Hinweis, dass es sich um eine neuartige Methode handelt, die noch nicht medizinischer Standard ist.

 

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