Rechtsprechung Zahnarzthaftung

 

1. Zahnersatz


Die Eingliederung von Zahnersatz mit offenstehenden und überstehenden Kronenrand ist als Behandlungsfehler anzusehen.Grundsätzlich sollte ein Kronenrand seine Präparationsgrenze erreichen. Ist der Kronenrand zu kurz, wird diePräparationsgrenze nicht erreicht und anpräparierte Zahnhartsubstanze liegen frei. Der Zustand des nicht fachgerechten Kronenrandabschlusses besteht bereits zum Eingliederungszeitraum der Krone; der Zustand eines zu kurzen Kronenrandes ändert sich nach dem zementieren nicht mehr. Es ist ausgeschlossen ,dass sich durch falsches Putzverhalten der Kronenrandabschluss während der Gebrauchsperiode ändert. Folge der Eingliederung von Zahnersatz mit nicht regelrechtem Kronenrandabschluss kann der Verlust der Vergütungsansprüche des Zahnarztes sein. Ferner besteht ggf. eine Verpflichtung zur Zahlung von Schmerzensgeld (AG Wedding, 2002). Dokumentationsmängel können zu einer Umkehr der Beweislast führen. Dies kann der Fall sein, wenn der Zahnarzt notwendige Kontrollbefunde entgegen medizinischer Notwendigkeit und Üblichkeit nicht erhebt. Treten nach einer Implantation in diesem Bereich Entzündungen auf und müssen die Implantate entfernt werden, kommt es zu einer Beweislastumkehr, wenn der Gutachter auf Grund fehlender Röntgenaufnahmen nach Einbringen der Implantate nicht beurteilen kann, ob die Entzündungen durch fehlerhafte Insertion oder davon unabhängige Umstände aufgetreten sind (OLG Köln 1994, MDR 94, 994; OLG Saarland 1997, MDR 98, 469 f). Eine zahnprothetische Maßnahme darf erst erfolgen, wenn zuvor der an Paradontitis erkrankte Patient entsprechend behandelt worden ist. Erst dann darf die Eingliederung des Zahnersatzes erfolgen (OLG Köln 1991, VersR 361 f; OLG Oldenburg 1993, AHRS 2695/105; OLG Düsseldorf 1996, AHRS 2695/131) Anderes kann gelten, wenn der Patient sich nachhaltig weigert die erforderliche Behandlung der Zahnbetterkrankung durchführen zu lassen (LG Aachen 1999, VersR 2000 1374). Die Verblockung von Kronen und Brücken im Front-und Seitenzahnbereich erschwert die Mundhygiene. Von einem Behandlungsfehler ist auszugehen, wenn diese Gestaltung nicht erforderlich war. Eine erschwerte Mundhygiene ist von dem Patienten nicht hinzunehmen. Es sei nicht einzusehen, warum ein Patient eine paradontalhyhygienisch besonders ungünstige Gestaltung der Aproxiomalräume als mangelfrei hinnehmen soll, wenn eine günstigere Gestaltung möglich gewesen wäre (OLG Köln 1992, VersR 93, 1400).


2. Zahnextraktionen


Die Extraktion eines Zahnes ist erst dann indiziert, wenn Erhaltungsmaßnahmen nicht mehr in Betracht kommen (OLG Hamm 1981; OLG Düsseldorf 1988). Zu den Erhaltungsmaßnahmen zählt auch die Unterweisung des Patienten in das richtige Putzverhalten. Bei einem 16 –jährigen Patienten kann nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass sich die Mundhygiene nicht mehr ändert und deshalb die Extraktion insgesamt erhaltungswürdiger Zähne indiziert sei (OLG Hamm, 2001; MDR 01, 871 f.). Gleiches gilt für eine Reihen- oder Totalextraktion ohne vorheriger Erhaltungsdiagnostik und Erhaltungstherapieversuchen mit entsprechender Aufklärung. Zu der Erhaltungsdiagnostik sind u.a. zu zählen Vitalitätsproben, Einzelzahnfilme, Taschentiefenmessung, Feststellung des Grades der Zahnlockerung und der Ausdehnung von kariösen
Läsionen (OLG Oldenburg 1999, MDR 99, 676 f). Vor der Extraktion eines Weisheitszahnes ist über die Risiken und mögliche Alternativen aufzuklären. Das Selbstbestimmungsrecht eines Patienten verlangt, dass dieser selbst bestimmen müssen kann, ob er den Eingriff vornehmen lassen will oder nicht. Dies gilt auch, wenn eine Ablehnung medizinisch unvernünftig ist (BGH 1993, MDR 94, 1089).

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